An dieser Stelle werde ich das Essay (in die einzelnen Kapitel unterteilt) ebenfalls veröffentlichen. Dabei handelt es sich um einen "Director's Cut", in dem einige für die Tattva vorgenommene Änderungen, rückgängig gemacht werden. Fußnoten werden in Klammern und durch andere Schriftgröße Kenntlich in den Fließtext übernommen.
Das
moderne Einkaufszentrum hat in den letzten Dekaden die Struktur des
Einzelhandels grundlegend verändert.1#(Die erste Shopping Mall entstand 1956 in den USA, bei
Minneapolis. Die Kriterien zur Definition eines Einkaufszentrums (in Abgrenzung
zu Einkaufspassagen, Kaufhäusern, etc.) bestehen unter anderem darin, dass es
als ein einziges Gebäude angelegt ist, in dem das Center-Management als Vermieter
für die einzelnen Geschäfte auftritt. Für ausführlichere Informationen siehe:
http://de.wikipedia.org/wiki/Einkaufszentrum.Wenn auch nicht hundert Prozent korrekt, werden aus
praktischen und kosmetischen Gründen in diesem Text die Begriffe
Einkaufszentrum, Shopping Mall oder Shopping Center synonym verwendet.)
In der folgenden Abhandlung
sollen anhand unterschiedlicher Filme diese Veränderungen skizzieren werden.
Der
Dokumentarfilm »Die Schöpfer der Einkaufswelten« (Deutschland, 2001, Regie:
Harun Farocki) gibt einen Eindruck davon, welch minutiöse Detail-Arbeit die
Errichtung eines solchen Centers ist. Ohne Interviews, extradiegetische Musik
oder einen Voice-Over-Kommentar vollzieht der Film die Planungsprozesse von
Shopping Malls nach. An welcher Stelle im Supermarktregal steht das Knäckebrot?
Wie kann ein Traditionsunternehmen, das Kleidung im Trachtenstil verkauft,
seinen Laden gestalten, um auch ein jüngeres, weniger konservatives Publikum
anzusprechen? Wie kann sich die Fassade eines Centers in ein historisches
Stadtbild einfügen oder der Stil eines griechischen Restaurants in den »Miami
Vice«-Look des Zentrums als Ganzem?
Farockis
Film lässt das Einkaufscenter auch als dezidiert »filmischen« Raum erscheinen.
Durch und durch, bis ins kleinste Detail »inszeniert«, folgt das Center einer
»Dramaturgie«, die nach wissenschaftlichen Erkenntnissen über Blickachsen und
Assoziationsketten erstellt wurde. Und dazu, dass in der Gestaltung der Center
nichts dem Zufall überlassen bleibt, ähnlich wie, sagen wir, in den filmischen
Räumen eines Alfred Hitchcock oder Stanley Kubrick, gehören natürlich auch die
richtigen Erzählungen, die kleinen und großen Versprechen von Glück, Freiheit
und Unabhängigkeit, die die Werbung seit jeher nutzt, um Waren an den Mann oder
die Frau zu bringen.
Da
nimmt es kaum wunder, dass sich Spielfilme verschiedener Genres und Provenienz
immer wieder die Shopping Mall als Schauplatz wählen. Und: So unterschiedlich
wie die Standpunkte zur Mall in der Realität sind, fallen auch ihre
verschiedenen filmischen Repräsentationen aus. Ist das Shopping-Center ein
praktischer Ort, weil man ohne einen Parkplatz suchen zu müssen sein Brot, die
Zahnbürste, das fehlende Kabel für die Anlage und ein neues Paar Schuhe unter
einem Dach bekommt? Ist es darüber hinaus ein Ort sozialer Interaktion, wo die
Jungen »abhängen« und Konsole spielen können und die Alten ihren Kaffee
trinken? Oder ist seine akribisch geplante Architektur, die ganz dem Sinn
untergeordnet ist, die Menschen zum Geld-Ausgeben, zum Konsumieren zu bewegen,
eher ein Sinnbild für alles, was am Kapitalismus schlecht – und hässlich – ist?
Ein Paradies der »Konsumgesellschaft« oder doch der Ort, an dem sie ihren
ganzen »infernalischen« Charakter offenbart? Einige der sehr unterschiedlichen
Antworten, die das Kino auf diese Fragen gegeben hat, sollen in diesem Text
kurz skizziert werden.
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