Freitag, 27. Dezember 2013

Gli ultimi giorni di Pompei (Mario Bonnard, Sergio Leone, Italien, BRD, Spanien, Monaco 1959)


Die Sandalenfilme dominierten die populäre Filmproduktion in Italien in den späten Fünfzigern und frühen Sechzigern. 1964, nach dem großen Erfolg von Sergio Leones Für eine Handvoll Dollar, wurden die pepla, wie sie in ihrem Herkunftsland hießen, dann von den Italo-Western abgelöst.
Die letzten Tage von Pompeji, der erste peplum, den ich vollständig und bewusst und mit Begeisterung sah, steht eigentlich noch relativ am Beginn dieser Welle. Dennoch lässt sich anhand dieses Film retrospektiv der Weg, der das italienische Genre-Kinos vom antiken Rom in den Westen, bzw. oftmals Süden der USA im späten neunzehnten Jahrhundert führen sollte, durchaus schon erahnen.
Da ist zum einen natürlich das Personal. Da der eigentliche Regisseur, Mario Bonnard, gleich in den ersten Drehtagen erkrankte, übernahm second unit director Sergio Leone den Großteil des Jobs. Wenn man so will, ist Die letzten Tage also als das Regie-Debüt des Mannes, der später der mit Abstand berühmteste Regisseur italienischer Western werden sollte. Am Drehbuch arbeiteten neben Leone u. a. auch Sergio Corbucci und Duccio Tessari mit. Es wird kolportiert, dass sie beim Dreh auf die spanische Landschaft als geeignete Kulisse für ihre späteren Filme aufmerksam wurden.
Zum anderen aber, gemahnen auch bestimmte Szenen schon an die Spaghetti-Western. Etwa der blutrünstige Überfall auf ein wohlhabendes Anwesen gleich zu Beginn. Die Männer, die die Bewohner mitsamt Sklaven, Frauen und Kindern ermorden, sind mit schwarzen Kapuzen vermummt - wie die Schurken in Django. Auch die Motive der Rache und des bösen Patriarchen spielen bereits hier eine zentrale Rolle. Wo aber der Spaghetti-Western sich in den Sechzigern zunehmend einer - teilweise vehementen - Gesellschaftkritik zuwenden sollte, ist Die letzten Tage reines naiv-eskapistisches Spektakel. Ein Kino der Schauwerte und der großen Gesten. Kitschig-protzige Kulissen, vollgestopft mit Menschenmengen in verschwenderischen Breitbild-Kompositionen. Schöne Frauen in anmutigen Gewändern und muskelbepackte Männer mit kurzen Uniformärmeln und Tuniken. Dazu passend dann die gänzlich ambivalenzfreien Figuren wie aus einem Guss, entweder edel und gut oder verschlagen und böse. Peplum-Star und Bodybuilder Steeve Reeves spielt Glaucus, den Centurion, der obwohl sein eigener Vater von - vermeintlichen - Christen ermordet wurde, nie so ganz daran glauben möchte, dass hinter den Mörderbanden, die die "bessere Gesellschaft" von Pompeji unsicher machen und an den Tatorten oder den Körpern ihrer Opfer stets ein Kreuz hinterlassen, tatsächlich die Monotheisten stehen. Sein böser Gegenspieler wird von Fernando Rey dargestellt. Der Plot, frei nach dem gleichnamigen Roman von Bulwer-Lytten, in dem es um allerlei persönliche und politische Intrigen geht, für die die Christen als Sündenböcke herhalten sollen, dient bloß als Stichwortgeber für die verschiedenen kitschigen, pathetischen, spannenden oder brutalen setpieces. Reeves bezwingt Krokodile und Löwen im Ringkampf, reißt - vermutlich eher mit Willens- als mit Körperkraft - seine Ketten aus der Wand und schwimmt durchs Feuer. (Die Krokodil-Szene übrigens in sehr ansehnlichen Unterwassaufnahmen. Es ist schon faszinerend, wie sich zwischen Filmen, die man zeitnah sieht, und die nun eigentlich aber auch gar nichts miteinander zu tun haben, immer wieder kleine Parallelen auftun: Auch im zuletzt hier besprochenen Y tu mamá también gibt es tolle underwater shoots.)
Es gibt eine Orgie zu Ehren der Göttin Isis mit feuerschluckenden schwarzen Skalven und mit Schlangen tanzenden Sklavinnen, die in einem langen Faustkampf endet.
Die Gewalt fällt für die Fünfziger Jahre erstaunlich drastisch aus. Immer wieder werden Körper von Schwertern, Pfeilen und Speeren durchbohrt. Ein Toter wird mit einem Kreuz, das ihm in die Brust geschnitten wurde, aufgefunden. Schließlich die Folterkammer, die perfektes Zeugnis sowohl vom Stilwillen des Films als auch von seiner exploitativ augewälzten Gewalt ablegt. Ein Albtraum in Eastman-Color. In den eleganten langen Einstellungen hebt sich das Rot der Uniformen und des Blutes der Gepeinigten von den Grau- und Brauntönen der Kulisse ab. Bei der Art, wie die unschuldigen Christen hier auf die Streckbank gelegt, ausgepeitscht und mit glühenden Eisen verbrannt werden, wähnt man sich beinahe in einem frühen Vorläufer der Hexenverfolgungsfilme (wenn auch, das ist ziemlich interessant, mit verkehrten Vorzeichen).
Am Ende, gerade wenn der Held und seine edlen Unterstützer zwischen der schutzlosen Chrsitenschaar und einer Übermacht Legionäre stehen, bricht (ein pyrotechnisches Glanzstück, das) der Vesuv aus. Ein gewaltiger, vernichtender (und offenbar christlicher) deus ex machina, der heidnische Tempel einstürzen lässt, die Verehrer falscher Götzen unter ihnen begräbt und die Gerechten rettet. In Pompeji bleibt kein Papp-Stein auf dem anderen. Funkenregen. Massenflucht. In den Trümmern verschüttete Leichen. Zehn Minuten lang. Dann, für die Guten, die vollkommen überladenen Boote, die sie vor dem flammenden Inferno retten. Toll.

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