Kevin (Keaneu Reeves) ist ein Strafverteidiger, der einen Fall nach dem anderen gewinnt,
und schnell zu jung, zu ambitioniert, zu skrupellos für das Kaff in
Florida ist, in dem er lebt. Da kommt ein Angebot einer großen Kanzlei
aus New York gerade recht. Also zieht Kevin gemeinsam mit seiner Frau Mary Ann (Charlize Theron) in die große (böse) Stadt, wo John Milton (Al Pacino), sein neuer Boss wird, der
ihm bald einen nie erträumten Aufstieg ermöglicht. Mary Ann jedoch, die in der heimischen Kleinstadt noch irgendwie in Opposition zur bigott-evangelikalen Mutter stand ist ihm bald nur noch ein Klotz am Bein, zumal sie langsam aber sicher den Verstand zu verlieren scheint. Der Subplot, der sich mit ihrem Schicksal beschäftigt erinnert kaum von ungefähr an Rosemary's Baby, wie sich überhaupt die Hinweise verdichten, dass mit John Milton, dem Mann mit dem bedeutungsschwanegeren Namen einiges nicht stimmt.
Und die Moral von der Geschicht? Die sieht auf den ersten Blick wohl so aus. Die Großstadt als Sündenbabel, das die Menschen noch mehr verdirbt als sie es sowieso schon sind. Die Justiz ist Teufels(werk-)zeug ,
dazu bestimmt, wir kennen das aus dem rechtspopulistischen Diskurs von Charles
Bronson bis zur Bild-Zeitung, die Täter, nicht die Opfer zu
beschützen, also es "Kinderschändern", Mördern und anderem Gesindel zu
ermöglichen, frei rumzulaufen. Frauen sind entweder Huren, die sich vom Teufel verführen lassen
und ihm bei seinem Verführungswerk helfen oder Mütter (oder wollen es
zumindest werden). Schließlich
ist da der leibhaftige Lebemann. Hedonistisch, glamourös, polyglott.
Einer, der mehr Kinder hat als er zählen kann, sich die schönsten Frauen
aus aller Welt importiert, und sich auch schon mal von einer von ihnen
unter dem Tisch eines vollbesetzten Luxus-Restaurants einen blasen
lässt. Alles in allem also eine Mischung aus Demokratie-, Frauen- und Sexualitätsfeindlichkeit, eher notdürftig als Kapitalismuskritik camoufliert, auf die sich religiöse Fundamentalisten verschiedener Konfessionen wahrscheinlich gut verständigen könnten. Es fragt sich nur, und das ist eine berechtigte Frage, ob der Film diesen reaktionären Irrsinn tatsächlich predigt oder sich doch eher über ihn lustig macht oder ihn gar endgültig ad absurdum führt. Jedenfalls hat das "Gute" hier dem Glamour des Bösen nichts aber auch gar nichts entgegenzusetzen. Al Pacion, der ja immer dann am Besten ist, wenn sich sein hemmungsloses Over Acting dem Camp öffnet, wenn in den ungezügelten Passionen, die er verkörpert das Lächerliche irgendwie mitschwingt, ohne dass er vollständig zur Karikatur wird (bei Lumet also, in Scarface oder Heat), macht seine Sache, sorry, teuflisch gut. In die gleiche Richtung zielt auch die Inszenierung, deren beträchtliche Eleganz vielleicht manchmal etwas sehr gewollt, aber auch fast durchgehend sehr gekonnt ist. Der Film weiß über satte 140 Minuten Laufzeit durchgehend zu fesseln und dass obwohl die Auflösung, die sich ja mehr oder weniger schon im Titel ankündigt, niemanden sonderlich überraschen dürfte
Es geht also nicht darum, aus der Darstellung des Bösen eine mittelalterliche Moralvorstellung zu extrahieren (zumal dieses vermeintlich Gute im Film nicht einfach nur stinklangweilig und spießig, sondern auch immer schon - sehr buchstäblich - vom Bösen befruchtet ist), sondern der Film handelt von der Suggestivkraft des gezeigten Bösen, das, das ist wohl Absicht, mit gängigem Hollywood-Glamour einiges gemein hat. Der Film gibt dem Zuschauer nicht die Möglichkeit, sich auf einen übergeordneten moralischen Standpunkt zu stellen, er ist immer schon Objekt der Kino-Veführungsmaschine, und das wird ihm ein ums andere Mal auch vor Augen geführt. Schöner, denn als Verhandlung moralischer Standpunkte ist The Devil's Advocat denn auch als guilty pleasure vor dem Herrn - der Finsternis.
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