Meinen Text zu Baal gibt es seit ein paar Tagen auch in der filmgazette: in (ganz) leicht abgewandelter Form und mit ein paar Zeilen zur Veröffentlichungsgeschichte und der sehr gelungenen DVD von Zweitausendeins (allerdings hatte ich dort vergessen auf das einzige Manko der Veröffentlichung hinzuweisen: die Einheits-Cover solcher Editionen sind natürlich immer ziemlich hässlich).
Auch schon seit ein paar Tagen findet man dort meine Besprechung des kürzlich auf DVD/Blu-ray erschienen Am Ende des Tages, einem teilweise wirklich schick anzusehenden Thriller aus Österreich, der sich allerdings nicht nur an seinen Cape Fear-Anspielungen ziemlich verhebt, sondern sich auch in letztlich arg fragwürdigen politics verrennt. Schade.
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Samstag, 19. April 2014
Mittwoch, 16. April 2014
Baal (Volker Schlöndorff, BRD 1969/Deutschland 2014)
(Dieser Text wird in ähnlicher Form auch in der filmgazette erscheinen.)
Baal. Vom syrischen Wetter- und Fruchtbarkeitsgott zum Dämon
im Christentum. Vom Herrn („Baal“) zum Herrn der Fliegen („Baal Zebub“,
„Beelzebub“). Im zwanzigsten Jahrhundert dann, im ersten Stück des (jungen)
Anarchisten Bertolt Brecht zunächst: Der Dichter, Säufer, Weiberheld, Libertin,
Bürgerschreck, Prototyp des nach außen rücksichtslosen, nach innen
selbstzerstörerischen, an seiner Umwelt und sich selbst zugrunde gehenden
Künstlers, Prototyp vielleicht des Club 27-Rockstars (oder doch eher: der
Erzählung, die wir über ihn kennen, zum Beispiel von Oliver Stone). Dann, im
neu aufgelegten Stück des (alternden) Sozialisten Bertolt Brecht: Der „Böse“,
der Asoziale“. Einer, der so verzweifelt nach Freiheit suchte wie Baal passte
nicht auf SED-Linie. Blieb der eigentliche Text des Stückes auch mehr oder
weniger unangetastet, musste sich der Autor doch im Vorwort entschuldigend
äußern, relativieren: Baal „ist asozial, aber in einer asozialen Gesellschaft“
und: „Ich gebe zu (und warne): Dem Stück fehlt es an Weisheit.“ Man sieht: es
ist immer eine Frage des „richtigen“ Glaubens mit diesem Baal.
An einem vorläufigen Endpunkt dieser Aneignungen, Um- und Überschreibungen
steht bzw. geht 1969 Rainer Werner Fassbinder einen Feldweg entlang, in
Lederjacke, rauchend natürlich. „Angel to some, demon to others“, nach außen
rücksichtsloser, nach innen selbstzerstörerischer, an seiner Umwelt und sich
selbst zugrunde gehender Künstler auf dem Weg zum Rockstar-Filmemacher. Die
16mm-Kamera in der Hand von Dietrich Lohmann folgt ihm, läuft eine Weile neben
ihm her, macht einen großen Bogen um ihn herum, schweift ab in den Himmel und
sieht den Vögeln beim Ziehen zu, kehrt dann zu Baal/Fassbinder zurück, der
davon geht, den Feldweg entlang. Zweieinhalb Minuten lang und ohne Schnitt, aber die Szene könnte von der Eleganz,
die man oft von Plansequenzen (auch aus prä-Steady Cam-Zeiten, bei Welles etwa)
kennt, nicht weiter entfernt sein. Sonderlich gekonnt sieht das, was die Kamera
da macht eigentlich nicht aus, zumindest nicht durchgehend. Aber aus dem Dilettantismus, daraus, wie in diesem
eigentlich verdammt prätentiösen Unterfangen, das der Film ist, einfach immer
wieder ausprobiert und munter drauflos gefilmt wird, entsteht eine sehr eigene
und sehr eigenwillige Poesie – hier schon, und auch später immer wieder. Dazu
übrigens: Der mit rockigem Blues unterlegte „Choral vom großen Baal“ - von
einigen Kürzungen und Straffungen abgesehen ganz so, wie er bei Brecht
steht.
Volker Schlöndorff drehte diesen Film als Teil einer
Brecht-Reihe im Fernsehen. Schlöndorffs eigene Regie-Karriere steckte Ende der
Sechziger bereits in einer ersten großen Krise, mit der millionenteuren amerikanischen
Produktion „Michael Kohlhaas“ war er kolossal gescheitert. „Baal“ sollte
konsolidieren. Seine Mitstreiter aber um Fassbinder und dessen Antitheater-Truppe
(unter anderem Hannah Schygulla, Irm Hermann, Günther Kaufmann) wurden erst
später, in den Siebzigern zu Stars. Die Linien, die sich hier kreuzen, machen
dieses „Fernsehspiel“ vielleicht zu einem geheimen Schlüsselwerk dessen, was
man den „Neuen Deutschen Film“ nannte. Umso bedauerlicher, dass „Baal“ über
vier Jahrzehnte in den Archiven vergammelte, weil Helene Weigel, der der Film
nicht in den ideologischen Kram passte, ein Verbot erwirkte, das spätere
Brecht-Erben aufrecht erhalten ließen – bis 2013.
Schlöndorff beschrieb sein Werk mit den Worten: „Dieser
„Baal“ ist kein Film, sondern eine Fernsehinszenierung des integralen
Brechttextes, auf Film produziert als „Fernsehspiel“.“ Was in diesem
verschwurbelten Satz munter durcheinander purzelt, beschreibt den Film
tatsächlich ziemlich gut. Zunächst einmal: eine Adaption dicht an der
Theater-Vorlage. 24 Kapitel, von Zwischentiteln eingeläutet und
durchnummeriert, den 24 Szenen des Stückes entsprechend, nur die Reihenfolge
wurde teilweise variiert. Hier und da etwas gekürzt oder umgestellt, sagen die
Schauspieler die Brecht-Dialoge, -Lieder und -Gedichte auf – und es ist auch
hier nicht die Perfektion, die die Brecht-Worte aus den Mündern von Fassbinder,
von Trotta, Schygulla und den anderen zum reinsten Gedicht macht, sondern
gerade das Provisorische im Spiel der Darsteller, denen man ihre Unerfahrenheit
anmerkt. Das over acting – vor allem Fassbinders – disharmoniert mit dem
Theatralischen, dem Festgeschriebenen, auswendig Gelernten auf eine Art, die
die ganze Zerrissenheit, Verzweiflung und Gemeinheit der Vorlage ans Licht und
aufs Zelluloid bringt.
Und dann ist der Film von der Vorlage auch wieder weit
entfernt. Wie die Handkamera sich wackelnd, meist dicht an den Körpern,
zwischen den Figuren bewegt, auf recht holprige Weise dynamisch, wie sie in
einer Szene über die nackte Haut von Rainer Werner Fassbinder und Margarethe
von Trotta wandert, deren feuerrote Haare leinwandfüllend ins Bild fallen, das
ist Film durch und durch. Die siebente Kunst ganz und gar.
Und die tollsten von den liebevoll ausgewählten Sets sind
die unter freiem Himmel. Baal und Eckart (Sigi Graue) vor einer nächtlichen
Straße. Baal in der vorletzten Szene, an der Autobahn, in der Dämmerung, die
unscharfen Lichter einer Tankstelle hinter ihm, der dicht fließende Verkehr vor
ihm hm, er dreht sich um und rennt in die Felder. In der letzten Szene dann
torkelt er sterbend aus der Waldhütte, stürzt, dann sieht man nur noch einen
Busch. Die Rückkehr zur Natur, die er erträumt, kann nur im Tod vollzogen
werden.
Am großartigsten aber eine Szene mit Fassbinder, Graue und
von Trotta (als Sofie) vor einer viel befahrenen Landstraße. Sie streiten, Baal
will die von ihm schwangere Sofie zurücklassen, schubst sie zu Boden, Eckart
sucht sie zu verteidigen, gelobt ihr, bei ihr zu bleiben, sie aber will nur
Baal. Die Ränder des Bildes sind unscharf, das überhelle Sonnenlicht frisst
sich ins grobkörnige 16mm-Material, verwandelt die drei jungen Menschen zu
Schimären, die mit vollem Körpereinsatz Brecht spielen, während der dichte
bundesrepublikanische Sechziger-Jahre-Verkehr vollkommen unbeteiligt an ihnen
vorbeirauscht.
Auch weit entfernt vom Stück hat sich der Film durch die
jeweiligen zeitgeschichtlichen Konnotationen. Schon bei Brecht, 1918, ging es
um den Menschen in der Revolte – und sein Scheitern. Darum, wie der „Ausbruch“
und alle Befreiungen immer nur in neue Gefängnisse führen. Bei Schlöndorff aber
handelt der historische Text vom gegenwärtigen Menschen in der Revolte – und
antizipiert sein Scheitern. Baal, der den Himmel liebt, mehr als irgendetwas
auf der Welt, und sich einmal wünscht, mit den Pflanzen schlafen zu können.
Baal, dem die Rückkehr zur Natur, zur Mutter,
bei einer Frau nach der anderen verwehrt bleiben muss, und der irgendwann vom
„Weib“, von der Sexualität müde ist. Baal, der aus Verzweiflung immer mehr
säuft, immer weiter aufquillt. Baal, der schließlich zum Mörder wird. Wovon
sollte diese Figur 1969 erzählen, wenn nicht vom Hippie, der zum Terroristen
wird. Davon, wie der antibürgerliche Hedonismus in die Krankheit, in die Sucht
führen kann – und die „sexuelle Revolution“ irgendwann resigniert feststellen
muss: „I can’t get no satisfaction (and I tried and I tried and I tried…)“
Und: ist dieser krude kleine Theater-Fernseh-Film heute,
2014, wenn er nach 43 Jahren wieder aufgeführt werden darf und wir wissen, wie es den Revoluzzern von einst
erging, nicht aktueller denn je? Dass sie bestenfalls
an den Lehrstühlen der Unis endeten, manche im Knast landeten, andere auf dem
Bahnhofsklo und wieder andere – die von außen betrachtet vielleicht gruseligste
Variante – im Dschungel Camp.
Freitag, 3. Januar 2014
In einem Jahr mit 13 Monden (Rainer Werner Fassbinder, BRD 1978)
Die ersten Szenen, im Park, am Fluss, erinnerten mich in ihrer Stimmung an den tollen frühen Kurzfilm Der Stadtstreicher. Die Figuren als Silhouetten vorm Abendhimmel. Kleidungsstücke, die im schimmernden Wasser treiben, langsam untergehen. Wundervoll, wie das poröse Filmmaterial zu diesen fragilen Bildern passt! Grausam ist, was geschieht. Die Transsexuelle Elvira (Volker Spengler) wird zusammengeschlagen von einer Gruppe Männer. Doch Fassbinder findet hier, wie in der Trennungsszene, die folgt, im Grausamen, im Schrecklichen, in der Gewalt eine sonderbare, sehr eigene Poesie. Sogar im Schlachthof. In den Bildern des Blutes, das aus enthaupteten Rinderkörpern sprudelt, der Häutungen. Bilder, die schwerer los zu werden sind, als so ziemlich alles, was ich kürzlich im Film gesehen habe.
Die Fragilität dieses ersten Drittels führt in einen Film, der nicht nur vom Zerfall handelt, sondern der auch selbst, nach und nach und immer mehr, zerfällt - und der seinen eigenen Zerfall, wie den des Lebens, der Geschichte, der (sexuellen) Identität, von dem er handelt, regelrecht zelebriert.
Fassbinder verarbeitete mit dem Film den Suizid seines Ex-Freunds Hans Meier, der in einigen seiner Film mitspielte und sich das Leben nahm, nachdem der Regisseur sich von ihm getrennt hatte.
Wenn Volker Spengler in einer Szene durch einen Nachtclub eher schreitet als geht, dann ist er Elvira. Wenig später fällt dieses Sein auseinander. Durch eine Bemerkung eines Mannes, wie sie jemand wie Elvira wohl ständig zu hören bekommt. Eines Mannes, der sich allein dadurch, dass Elvira ist, wie sie ist, in seiner eigenen Identiät bedroht fühlt, und auf diese Bedrohung wiederum mit einer Drohung reagiert. Nun ist sie aufgelöst, in Tränen, ganz Gefangene der hässlichen orangenen Siebziger Jahre-Dekors, die sich unter heutigen Hipstern wieder so großer Beliebtheit erfreuen. Überhaupt: Die Räume. Mehr als ich dies in jedem anderen Fassbinder-Film in Erinnerung habe, isoliert die Kadrierung die Figuren, indem sie sie an den Rand drängt, in den Hintergrund, der sehr oft durch einen Türrahmen gefilmt wird. Jenseits der Figur die Leere des Raumes, das Nichts. Überhaupt: die Türen. Ständig im Bild, ohne dass sie irgendwo hin führen, irgendeinen Ausweg bieten würden. Auf die Spitze getrieben wohl im Büro des erfolgreichen Unternehmers Anton Saitz - "mit ai" - (Gottfried John) im sechzehnten Stock. Tür hinter Tür hinter Tür. Auf der einen Seite eine Wand, auf der anderen das Fenster. Eine Architektur, die die Wahl zu lassen scheint, mit dem Kopf gegen die Wand zu rennen oder aus dem Fenster zu springen.
Die Geschichte Elviras entfaltet der Film nach und nach anhand anderer Geschichten, biographischer Fetzen, die sich eben nicht zu einem Ganzen fügen, sondern nur einen Eindruck davon vermitteln, dass sich aus ihnen eben keine "ganzheitliche" Person zusammen setzen lässt. Fragmente einer Biographie, die als Ganzes Fragment bleiben muss. Diese kleinen Geschichten sind Fassbinder mindestens so wichtig, wie der Plot an sich. Fetzen auch deutscher Geschichte und bundesdeutscher Gegenwart (Trennungen, Teilungen, Zerfall. So weit das Auge reicht.) Vom KZ übers Wirtschaftswunder in den Frankfurter Büro-Tower. Von Puffs und Klöstern. Es entsteht eine Ent-Hierarchiserung von "Kleinem" und "Großem", "Wichtigem" und "Unbedeutenden". Auch auf der Bild-Ebene. Ebenso wichtig wie die handelnden Personen, sind die kleinen Details. Seifenblasen und Kerzenlicht. Der Mann, der eine lange Szene lang wortlos im Raum steht und mit Hanteln trainiert. Die Weihnachts-Platte, die springt, ("Leise rieselt der, leise rieselt der, leise rieselt der...") während Elvira, zugedröhnt mit Alkohol und Tabletten, auf dem Bett liegt. (Wahrlich, ein Albtraum, das!) Der Fernseher, in dem eine Reportage über Chile unter Pinochet läuft, Soaps, ein Interview, in dem Rainer Werner Fassbinder über die Kindheit und Sex spricht. Am Ende dann, die letzte Einstellung, ein leeres Treppenhaus, das keinen Ausweg bietet. Zumindest nicht mehr für Elvira.
Mittwoch, 24. Juli 2013
Kurz gesehen
(Wolf Gremm, BRD 1982)
Zumindest was die Zutaten anbelangt ein hervorragender bundesdeutscher Frühachtziger Jahre Cocktail. Man nehme Unmengen von Sleaze und Camp und Rainer Werner Fassbinder (übrigens in seiner letzten Rolle als Schauspieler) sowie einige seiner Stammschauspieler (Günther Kaufmann, Brigitte Mira), gebe das Ganze in einen dystopischen Uberwachsungsstaats-Sci-Fi-Plot, geschüttelt, nicht gerührt und fertig! Schade nur, dass sich die einzelnen Zutaten nicht wirklich vermengen wollen, sondern sich eher gegenseitig behindern. So macht der Genuss über gut 100 Minuten Laufzeit eher schläfrig als die Augen zu öffnen oder das Bewusstsein zu ficken. Was Wolf Gremm hier versucht hat, ist ihm wohl nicht wirklich gelungen. Allein die Tatsache, dass er es versucht hat, verdient jedoch Respekt.
***
Nochmal Fassbinder. Diesmal auch hinter der Kamera. Diesmal im Auto mit Karl Scheydt, dem amerikanischen Soldat im gleichnamigen Film, der zurückgekommen ist nach München.
"Wo fährst du hin?" fragt Fassbinder.
"In unsere Gegend."
"Wie war's in Vietnam?"
"Laut."
"Hier hat sich nichts verändert."
"In Deutschland verändert sich nie etwas."
Schließlich kommen die beiden Männer auf dem Hof an, in dem sie aufgewachsen sind. Sie öffnen Bierdosen, die sie weit vorm Körper halten, um ihre weißen Anzüge nicht zu beschmutzen (wunderbar, wie schmierig Fassbinder hier outriert, alleine sein Gang!) Ein Kreis schließt sich und die Kamera beschreibt eine Kreisbewegung, ein 360°-Schwenk entlang der grauen Hinterhoffassade. "Hier hat sich nichts verändert," kommentiert Scheydt. "Man muss sich mal vorstellen: Hier habe ich also Vierzehn Jahre lang gelebt." Sie stehen nun in der Mitte des Hofes. Eine ältere Frau, die den Müll rausbringt, kommt zu den beiden Männern, begrüßt sie mit übertriebener Höflichkeit, bestellt Grüße an "die liebe Frau Mutter". Als die beiden Männer den Hof verlassen, schaut die Frau ihnen lange argwöhnisch nach. Wenn die absolute Starre der Verhältnisse in der Bundesrepublik in den späten Sechzigern, die Fassbinder in seinen ersten Filmen mit starren Bildern von starren Gesichtern und Figurenkonstellationen abzubilden versucht, an anderen Stellen immer wieder in unvermittelten und konsequenzlosen Gewaltausbrüchen explodiert, erfährt sie hier in diesem Hof ihre eine Implosion. Die Titelfigur ist angekommen im Kern des Films, ja, vielleicht des gesamten Fassbinder'schen Frühwerks, nur um festzustellen, dass es hier nichts zu sehen gibt, dass Zurückkehren eben so wenig eine Lösung ist wie es das Weggehen vorher war. Leere. Das Absurde daran, die Ironie, die durch das bloße Zusammentreffen von "amerikanischem" Gangster-Schick und bundesdeutscher Spießbürgerlichkeit entsteht, kann über diese Leere kaum hinwegtäuschen.
"Wo fährst du hin?" fragt Fassbinder.
"In unsere Gegend."
"Wie war's in Vietnam?"
"Laut."
"Hier hat sich nichts verändert."
"In Deutschland verändert sich nie etwas."
***
Schon überraschend, dass man einen Film, in dem Oralsex das Hauptgesprächsthema ist, so bieder, gefällig, ja, spießig inszenieren kann. Alle Transgression bleibt hier pure - und geradezu dreiste -
Behauptung. Auch wenn man Almodóvars Bemühungen, zu seinen campig-queeren Anfängen als Bürgerschreck in der movida madrilena zurück zu kehren, von vornherein für keine gute Idee hielt, überrascht doch, wie sehr dieser Flugzeugfilm eine Bruchlandung hinlegt. Positive Überraschungen bleiben hingegen aus. Recht komisch ist das feuchtfröhlich tuntige Treiben in den Wolken immer mal wieder durchaus. Allerdings: über sexuelle Plattitüden und Klischees, lache ich dann doch lieber in Hangover. Ist irgendwie ehrlicher.
***
Laid to Rest (Robert Hall, USA 2009)
***
Wes Cravens The Hills have Eyes von 1977 ist ein kleines aber gemeines und weitgehend verkanntes Meisterwerk. Am Ende gewinnen die "Guten", die bürgerliche Kleinfamilie also bzw. das was von ihr übrig ist gegen die "Bösen", die aussehen, wie eine sehr bezeichnenende Mischung aus Höhlenmenschen, "degenerierten" Rednecks und Indianern. Nur sind in der Orwell'schen Volte der letzten Einstellung dann eben "Zivilisierte" und "Barbaren", Ich und Es beim besten Willen nicht mehr zu unterscheiden. Die Grenzen verschwinden in haßverzerrtem Gesicht, Blutrausch und Rotblende. Das Verdängte ist vollends zurück gekehrt, nicht im Außen, in den Hügeln, die Augen haben, sondern im Innen, in der Seele des amerikanischen Kleinbürgers.
Alexandre Ajas Remake übrigens, knapp drei Jahrzehnte später entstanden, zieht vor dem blanken Nihllismus der Vorlage in letzter Sekunde dann doch den Schwanz ein. Hier darf die Familie anständig triumphieren und bleibt in einer letzten Volte, die, gelinde gesagt, weder sonderlich überraschend noch allzu clever ist, unter beständiger Bedrohung. Trotzdem: in der nicht abreißenden Serie von Remakes von Horrorfilmen der Siebziger und Achtziger sicherlich einer der gelungeneren Vertreter, dessen intensiver Körperhorror und düstere und schmutzige Atmosphäre retrospektiv betrachtet wohl einiges dazu beigetragen haben, dass amerikanische Horrorfilme heute so aussehen, wie sie aussehen. Hier habe ich schon mal ausfürlicher über den Film geschrieben.
***
Zum Schluss: Ein Dialog aus einem John Ford-Kavallerie-Western:
"Have you ever been in love?"
"No, I've been a bartender all my life."
Und, zum letzten Mal, Fassbinder: Am Ende seines frühen Kurzfilms Das kleine Chaos antwortet er auf die Frage, was er mit seinem Anteil aus einem Raubüberfall machen wird:
"Ich... ich geh' ins Kino."
In diesem Sinne...
Samstag, 15. Juni 2013
Fassbinder on Sirk
„In Douglas
Sirk’s movies the women think. I Haven’t noticed that with any other director.
With any. Usually the women just react, do the things women do, and here they
actually think. That’s something you’ve got to see. It’s wonderful to see a
woman thinking. That gives you hope. Honest.”
RWF
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