Donnerstag, 17. Juli 2014

Female (Michael Curtiz, USA 1933)

"Der Boß ist eine schöne Frau" verkündet der deutsche Titel und bringt damit eine weitere der Männerphantasien von der starken und unabhängigen Frau, von denen es im Pre-Code-Kino nur so wimmelte, griffig auf den Punkt.
Nach Mae West, die in I'm no Angel, die Männer - sehr buchstäblich - zu Objekten macht, die sie sammelt in Form von Fotos, kleiner Tierfiguren, die jeweils mit einem Portrait versehen werden, Schallplatten bis hin zu der beträchtlichen Sammlung an Männern in Fleisch und Blut am Ende im Gerichtssaal. Nach Barbara Stanwyck in Angel Face, der Frau, die sich - wiederum sehr buchstäblich - höchschläft in den durch ein New Yorker Geschäfts-Hochhaus verbildlichten Firmenhierarchien, bis ganz nach oben in die Führungsetage. Nun also Ruth Chatterton, die als Direktorin einer Autofabrik kühl und kalkulierend über ein Heer von Männern befehligt, die ihre Untergebenen bei Bedarf dann auch zu einer "privaten Unterredung" beim Dinner in ihrer Villa abkommandiert. "That'll be all!"
Wo sich die Mae West-Filme vielleicht am ehesten aus einer Art männlicher Angst-Lust speisen, einer in anarchischen Spaß überführten Lust an der eigenen Angst vor der weiblichen Lust, ist die Stanwyck-Figur auch eine Geschichte über diejenigen, deren einziges Kapital ihr Körper ist in der sozialen Realität der großen Depression, die der frühe Hollywood-Tonfilm so unverstellt und ungefiltert auf die Leinwand brachte. In Female nun geht es auf ganz andere Weise um die vollkommene Ökonomisierung, die Kapitalisierung von Beziehungen und Begehren, aus der die Protagonistin etwa ab der Mitte des Films einen Ausweg sucht. Rührt das Vergnügen an den amerikanischen Filmen dieser Zeit zu einem nicht geringen Teil von dem Exzess her, mit dem sie ihre Ideen, ihre running gags durchexerzieren, dann besteht die Grundidee hier darin, dass Liebesbeziehungen grundsätzlich als Geschlechterkampf gedacht werden. Ein Kampf, in dem es darum geht, die Güter Aufmerksamkeit, Zuneigung und Begehren im Sinne des eigenen Interesses zu verteilen. Als eine Art metaphorischer running gag steht dafür in Female der sportliche Wettkampf. Wer zu Beginn der Liaison, wen im Wettschwimmen oder -schießen besiegt, gibt Aufschluss darüber, wie es mit der Beziehung weitergehen wird.
Im wahrlich sonderbaren Finale des Films mischt sich in diese Matriarchatsphantasie mit gewaltsam gebieterischer Stimme das Patriarchat. Mitnichten nur dadurch, dass mit George Brent der Mann in Chattertons Leben tritt, der dadurch, dass er sich nicht willig in ihr Bett befehligen lässt, schließlich ihr Herz gewinnt (auch in die Mae West-Filme trat ja irgendwann Cary Grant als der Mann, der das unbändige weibliche Begehren in der monogamen Liebe bindet). Vor allem ist es eben Brents vehemente Aufforderung, sich endlich in ihre gottgeben Rolle als Frau zu fügen, in die "natürliche" Ordnung der Geschlechter, gegen die schon ihre berufliche Position ein Verbrechen darstelle. Mit seinem erbitterten Pathos passt das schon vom Tonfall her so wenig zum fröhlichen, leichtfüßigen Zynismus des restlichen Films, dass diese Stelle so wirkt, als wäre sie nachträglich eingefügt worden. Mag sein, dass das, wie das Arsenal-Programmheft mutmaßt, eine Konzession an den Code darstellt. Dann fällt aber auch immer wieder auf, welchen Spaß die Pre-Code-Filme an solchen Brüchen hatten, man denke nur an die an Zynismus schwerlich zu überbietende Pointe am Ende von Night Nurse.
Im letzten Dialog wünscht sich Chatterton neun Kinder. Auch die monogame Moral scheint im Hollywood vor dem Hays Code nur im Exzess zu haben zu sein.   

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