Sonntag, 25. Mai 2014

Criss Cross (Robert Siodmak, USA 1949)

Gleich das nächste Meisterwerk von Robert Siodmak, das ich, dem Zeughauskino sei Dank, auf der großen Leinwand erstmalig erleben durfte (toll an dieser Retro ist auch, dass sie die Möglichkeit gibt, die Filme beinahe komplett chronolgisch zu sehen) und zwar auf einer makellosen 35mm-Kopie, die - nur zum Bespiel - die Sonne in den Straßen von Los Angeles und das weiße Kleid von Yvonne De Carlo, in dem sie in einer der vielen wundervollen Szenen als echter Eyecatcher einen volle Bahnhofshalle durchquert, erstrahlen und leuchten lässt wie am ersten Tag (wie großartig allein der Moment in der Bahnhofsszene ist, wenn sich ein Verkäufer genau in dem Moment bückt, um etwas unter der Kasse zu holen, dass der Blick Burt Lancasters - und des Zuschauers - frei ist auf De Carlo).
So gut wie mir einige Szenen und Einstellungen des Films gefielen (zum Bespiel die, wenn die Kamera Burt Lancaster lange und ohne Schnitt folgt, einmal durch gleich mehrere Türen, ein anderes Mal eine Treppe hinab, um schließlich mit ihm zum Stehen zu kommen in einem Raum, der so überfachtet mit Männern ist, wie es Räume in den Siodmak-Noirs gerne sind) dachte ich doch lange, dass gerade die für einen Film Noir eher ungewöhnliche stringente Erzählung Cry of the City zu einer Wucht verhilft, die in der gängigen Rückblenden-Voice-Over-Narration schwer zu erreichen ist. (Wie raffiniert übrigens Cry schon mit dieser Form der Erzählung und also den Konventionen des Genres spielt, wenn er seinen Film mit einem Mann in einem Krankenhausbett beginnen lässt, an dem schon der Priester steht). Doch spätestens mit seinem umwerfenden Finale belehrte mich Criss Cross eines Besseren.
Dieses Finale scheint ein in sich geschlossener Film, ein sorgfältig in drei Akte unterteiltes Meisterstück über das Scheitern. Zunächst ist da der - natürlich nicht nach Plan, zumindest: nicht dem Plan Lancesters verlaufende - Überfall auf einen Geldtransporter, in dem Rauch das Bild füllt, die Figuren aufzufressen scheint, um sie wenig später wieder auszuspucken, Männer mit Pistolen, die aufeinenader schiessen in dem verweifelten Versuch ein Schicksal an sich zu reißen, in dem das einzige Offensichtliche ist, dass sie keine Kontrolle haben. 
Als Zweites die Krankenhaus-Szene, die sehr direkt an den Vorgänger Cry of the City anzuschließen scheint, und deren Hauptattraktion ein Spiegel ist. Ein Spiegel, in dem dadurch dass die Krankenschwester die Lehne von Lancesters Bett hochdreht, der Mann, der im im Flur sitzt, ins (Spiegel-)Bild rückt.  Eine Point of View-Szene in jeder Hinsicht, wenn der Zuschauer nicht nur sieht, was Lancester sieht, sondern auch fühlt, was Lancaster fühlt, wenn der Mann im Flur im Spiegel zunächst als Bedrohung wahrgenommen wird, Hauptfigur und Zuschauer dann raffiniert von seiner Harmlosigkeit überzeugt, in Sicherheit gewogen werden, die sich wiederum als Falle herrausstellt.
Dann, drittens, die Szene in einer abgelegenen Hütte, in der De Carlo und Lancaster, denen es dass Schicksal - oder doch: die zum "Schicksal" erhobenen sozialen Realitäten? - verwehrte, im Leben zueinander zu finden in der letzten Einstellung im Tod vereint werden.
 Wenn der Bezug zu The Killers durch die Besetzung Burt Lancesters und den Raubüberfall relativ eindeutig ist, dann ist dieses Ende vielleicht das Gegenstück zu dem denkbar zynischen Siodmak-Happy-Ende dort. Das alleine und im vollen Wissen um die Vergeblichkeit des eigenen Tuns Weiterleben auf der einen, das nur im Tod bekommen können, was als einziges - zumindest scheinbar - einen Ausweg aus der Vergeblichkeit bietet, auf der anderen Seite.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen