Zu
einem Ort der – etwas anderen – Exklusion wird das Einkaufszentrum auch für
Della (Kim Basinger) in dem Thriller »While She Was Out« (Susan Montford, USA
2008). Verloren, einsam läuft sie durch die Gänge und Geschäfte. Kam sie an
einem Abend in der Vorweihnachtszeit mit einem Vorwand hierher, um ihrem
gewalttätigen Ehemann zu entkommen, hat das Center für die alternde Frau, die
sich nicht in ihre Hausfrauenrolle finden will oder kann, doch nur weitere
Demütigungen in Form von unaufmerksamen Verkäuferinnen und einer Begegnung mit
einer alten Bekannten parat. Auf dem Parkplatz des Centers legt sie sich mit
einer Gruppe von jugendlichen Delinquenten an. Als ein Wachmann ihr zur Hilfe
kommen will, wird er von dem Anführer der Gang, Chuckie (Lukas Haas),
erschossen. Della gelingt zunächst die Flucht, doch die vier Männer nehmen die
Verfolgung auf, um die einzige Zeugin ihres Verbrechens zu beseitigen. Ihre
Flucht führt die Protagonistin zunächst durch eine im Bau befindliche Siedlung.
Die Baustelle scheint in der albtraumhaften mythen- und märchengeladene Suburbia-Topographie, die der Film entwirft,
nicht für die Ausbreitung der kleinstädtischen Zivilisation zu stehen, sondern
eher für ihr Verschwinden. Dahinter liegen nur noch die Wälder, die »Natur«, in
der alle gesellschaftlichen Regeln und Gesetze außer Kraft scheinen und nur
noch das Recht des Stärkeren gilt. Weitet sich Dellas Kampf gegen die vier
Männer zu einem Feldzug gegen die Gewalt der patriarchalen Kultur aus, mag das
Center, an dem die Situation eskaliert, einerseits eben Zentrum dieser Kultur
sein, erscheint aber andererseits in der Logik des Films wie ein Außenposten
von ihr. Jenseits von ihm liegt eine Natur, in der sich die Frau im Rahmen
einer feministischen Rache-Phantasie mehr und mehr vom Objekt zum Subjekt der
Gewalt entwickelt.
Ort kapitalistischer
Vollstreckung
Zusammenfassend
scheint die Mall im Film entweder ein Ort zu sein, an dem Helden geboren werden
und schließlich alles gut wird (und seien Held und Happy-End auch nur noch als
derart zynische Travestien zu haben wie in »Observe and Report«) oder aber ein Schauplatz
der letzten Schlachten der westlichen Zivilisation: Der Kämpfe der Menschen
gegen die Zombies, der Maschinen gegen die Menschen oder der Frau gegen die
Männer. Immer geht es ums Ganze im Einkaufszentrum, um den Kampf von Gut gegen
Böse. Als Ort, an dem man einfach ein paar Besorgungen macht, kommt es im Film
offenbar nicht vor. Man mag das natürlich zu einem Großteil durch die
Notwendigkeit des kommerziellen Kinos erklären, von etwas Aufregenderem als dem
alltäglichen Einkauf zu erzählen. Und doch: Das Einkaufszentrum scheint im Film
auch ein mythischer und ständig umkämpfter Ort zu sein. Einerseits ist das
vielleicht ein verzerrtes Abbild des Konkurrenzkampfes um die Gunst – oder wohl
eher: das Geld – der Kunden. Andererseits ist das Center auch eine Art letzter frontier, an der – in jedem einzelnen
Film, aber vielleicht auch zwischen Mall-Komödie und Mall-Horror – immer wieder
ein Kampf um die (kollektiven) Träume des »Konsum-Kapitalismus« ausgetragen
werden muss, die sich ständig in Albträume zu verkehren drohen. Gerade dort, wo
die Ordnung der Warenwelt am »ordentlichsten« ist, und die Herrschaft des
Kapitalismus am absolutesten, scheint die Bedrohung der Auflösung in Anarchie
und Chaos am größten.
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