Donnerstag, 14. August 2014

Mall Movies IV: Mall-Patriarchat und Schluss



Zu einem Ort der – etwas anderen – Exklusion wird das Einkaufszentrum auch für Della (Kim Basinger) in dem Thriller »While She Was Out« (Susan Montford, USA 2008). Verloren, einsam läuft sie durch die Gänge und Geschäfte. Kam sie an einem Abend in der Vorweihnachtszeit mit einem Vorwand hierher, um ihrem gewalttätigen Ehemann zu entkommen, hat das Center für die alternde Frau, die sich nicht in ihre Hausfrauenrolle finden will oder kann, doch nur weitere Demütigungen in Form von unaufmerksamen Verkäuferinnen und einer Begegnung mit einer alten Bekannten parat. Auf dem Parkplatz des Centers legt sie sich mit einer Gruppe von jugendlichen Delinquenten an. Als ein Wachmann ihr zur Hilfe kommen will, wird er von dem Anführer der Gang, Chuckie (Lukas Haas), erschossen. Della gelingt zunächst die Flucht, doch die vier Männer nehmen die Verfolgung auf, um die einzige Zeugin ihres Verbrechens zu beseitigen. Ihre Flucht führt die Protagonistin zunächst durch eine im Bau befindliche Siedlung. Die Baustelle scheint in der albtraumhaften mythen- und märchengeladene Suburbia-Topographie, die der Film entwirft, nicht für die Ausbreitung der kleinstädtischen Zivilisation zu stehen, sondern eher für ihr Verschwinden. Dahinter liegen nur noch die Wälder, die »Natur«, in der alle gesellschaftlichen Regeln und Gesetze außer Kraft scheinen und nur noch das Recht des Stärkeren gilt. Weitet sich Dellas Kampf gegen die vier Männer zu einem Feldzug gegen die Gewalt der patriarchalen Kultur aus, mag das Center, an dem die Situation eskaliert, einerseits eben Zentrum dieser Kultur sein, erscheint aber andererseits in der Logik des Films wie ein Außenposten von ihr. Jenseits von ihm liegt eine Natur, in der sich die Frau im Rahmen einer feministischen Rache-Phantasie mehr und mehr vom Objekt zum Subjekt der Gewalt entwickelt.

Ort kapitalistischer Vollstreckung
Zusammenfassend scheint die Mall im Film entweder ein Ort zu sein, an dem Helden geboren werden und schließlich alles gut wird (und seien Held und Happy-End auch nur noch als derart zynische Travestien zu haben wie in »Observe and Report«) oder aber ein Schauplatz der letzten Schlachten der westlichen Zivilisation: Der Kämpfe der Menschen gegen die Zombies, der Maschinen gegen die Menschen oder der Frau gegen die Männer. Immer geht es ums Ganze im Einkaufszentrum, um den Kampf von Gut gegen Böse. Als Ort, an dem man einfach ein paar Besorgungen macht, kommt es im Film offenbar nicht vor. Man mag das natürlich zu einem Großteil durch die Notwendigkeit des kommerziellen Kinos erklären, von etwas Aufregenderem als dem alltäglichen Einkauf zu erzählen. Und doch: Das Einkaufszentrum scheint im Film auch ein mythischer und ständig umkämpfter Ort zu sein. Einerseits ist das vielleicht ein verzerrtes Abbild des Konkurrenzkampfes um die Gunst – oder wohl eher: das Geld – der Kunden. Andererseits ist das Center auch eine Art letzter frontier, an der – in jedem einzelnen Film, aber vielleicht auch zwischen Mall-Komödie und Mall-Horror – immer wieder ein Kampf um die (kollektiven) Träume des »Konsum-Kapitalismus« ausgetragen werden muss, die sich ständig in Albträume zu verkehren drohen. Gerade dort, wo die Ordnung der Warenwelt am »ordentlichsten« ist, und die Herrschaft des Kapitalismus am absolutesten, scheint die Bedrohung der Auflösung in Anarchie und Chaos am größten.

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